Vielen Dank für die Blumen
Am 12. Mai ist Muttertag. Viele Kinder schenken ihren Müttern an diesem Tag Blumen oder Basteleien, um ihre Wertschätzung zu zeigen. Aber reicht diese Geste aus, um die Arbeit der Mütter wirklich zu schätzen?
Auch wenn es das Rollenbild der Mutter als Hüterin von Heim und Herd nicht mehr gibt, so ist sie doch eine Familienmanagerin, die zwischen Erwerbsarbeit, Haushalt, Kindererziehung und häufig auch der Pflege von Angehörigen jongliert. Diese unbezahlte Sorgearbeit wird von Frauen eineinhalb Mal so viel geleistet wie von Männern.
Der Spagat zwischen diesen Rollen ist eine Mehrfachbelastung, die eigentlich nicht von einer Person allein bewältigt werden kann. Hinzu kommt, dass Mütter häufig Erwerbsunterbrechungen haben und in Teilzeit arbeiten. Männer hingegen arbeiten meist durchgängig in Vollzeit und sind häufiger in Führungspositionen zu finden.
Dieses traditionelle Geschlechtermodell wird durch Regelungen wie dem Ehegattensplitting, die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Ausnahmeregelungen für Minijobs und die beitragsfreie Mitversicherung von Ehepartnern in der gesetzlichen Krankenversicherung gestützt.
Geringes Einkommen
Für Frauen hat dieses Geschlechtermodell enorme Konsequenzen. Die Stundenlöhne von Frauen und Männern klaffen weit auseinander. Frauen haben im Lebensverlauf ein um 50 Prozent geringeres Gesamteinkommen aus Erwerbstätigkeit und später 49 Prozent weniger eigene Alterssicherung als Männer. Fast jede sechste Frau ist armutsgefährdet. Aufgrund ihres geringeren Einkommens müssen Frauen auch mit weniger Sozialleistungen, wie Arbeitslosengeld I, Krankengeld und Erwerbsminderungsrente auskommen.
Hinzu kommen alleinerziehende Mütter, von denen jede vierte von Armut betroffen oder bedroht ist. Bei den Alleinerziehenden tragen fast 85 Prozent der Mütter die Hauptverantwortung. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist für Alleinerziehende deutlich schwieriger als für Paare. Ein Drittel der Alleinerziehenden bezieht Bürgergeld. Finanzielle Unterstützung von den Vätern erhalten viele nicht. Drei von vier Vätern zahlen keinen oder zu wenig Unterhalt für ihr Kind.
Pflegebedürftige Kinder
Eine zusätzliche Belastung für Mütter entsteht, wenn das Kind pflegebedürftig ist. Diese Kinder benötigen eine intensivere Betreuung. Externer Link:In Berlin gibt es keine quantitativen Daten darüber, wie viele Kinder und Jugendliche eine intensive Versorgung benötigen, sodass es nicht nur schwierig ist, Forderungen an die Politik zu stellen, sondern auch die medizinische und pflegerische Versorgung gefährdet, da eine regionale Bedarfsermittlung der notwendigen Strukturen nicht möglich ist. Der Externer Link:Fachbeirat Care Management, dem auch der VdK Berlin-Brandenburg angehört, setzt sich dafür ein, die Lebensqualität dieser Kinder und ihrer Familien in Berlin zu verbessern und ihr Recht auf gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Veränderungen zu gering
In den letzten Jahren wurden einige wenige Gesetze verabschiedet, die die Gleichstellung von Frauen und Männern voranbringen, wie zum Beispiel die Einführung des Elterngeldes oder der Ausbau von Kitas und Betreuungsplätzen. Dennoch gibt es nach wie vor viel zu wenig Betreuungsplätze für Kinder, was die Erwerbstätigkeit von Müttern einschränkt. Auch bei der Tages- und Kurzzeitpflege für Pflegebedürftige mangelt es – trotz des bereits 1995 eingeführten Rechtsanspruchs – nach wie vor an entsprechenden Plätzen.
Darüber hinaus wurden rentenrechtliche Anerkennungen von Kindererziehungs- und Pflegezeiten ausgeweitet sowie eine Grundrente eingeführt. Diese Veränderungen stellen jedoch nur geringfügige Verbesserungen der finanziellen Situation von Frauen im Alter dar. Sie sind zwar eine kleine und mehr als berechtigte Anerkennung für die geleistete unbezahlte Sorgearbeit, reichen aber nicht aus, um Altersarmut von Frauen zu verhindern.
Reformen statt Blumen
Die Einführung dieser kleinen Gesetze reicht nicht aus, um Mütter zu entlasten. Frauen haben ein Recht auf faire Löhne, Renten und Sozialleistungen. Die familiäre Betreuung von Kindern und die Pflege von Angehörigen sind gesellschaftlich unverzichtbare und wertvolle Arbeiten. Die einseitige Übernahme dieser Aufgaben durch Frauen ist jedoch nicht die Lösung.
Um Gleichberechtigung auf allen Ebenen zu erreichen, bedarf es umfassender Gesetze. Statt Blumen zum Muttertag sollte es daher einen bunten Strauß politischer Maßnahmen geben, die sich für bessere Bedingungen und Entlastungen für Mütter einsetzen und so echte Gleichberechtigung schaffen.
Der VdK fordert daher, ein neues Geschlechtermodell zu etablieren und staatlich zu fördern, nach dem die Erwerbsarbeit und auch die unbezahlte Sorgearbeit gerecht zwischen Frauen und Männern aufgeteilt wird. Darüber hinaus müssen wirksame Maßnahmen zur Bekämpfung von Frauenarmut geschaffen werden.
Weitere Informationen zu den VdK-Forderungen zur Gleichstellung von Frauen finden Sie im VdK-Grundpositionspapier vom Mai 2023 unter: Externer Link:www.vdk.de/themen/frauen/
Ursprung des Muttertages
Der Muttertag hat seinen Ursprung in der frühen amerikanischen Frauenbewegung. Die Pastorengattin Ann Maria Jarvis gründete 1858 „Mothers‘ Day Works Clubs“, um die soziale Situation von Arbeiterfamilien zu verbessern.
Ihre Tochter Anna Marie Jarvis organisierte anlässlich des zweiten Todestages ihrer Mutter am 12. Mai 1907 einen Gedenkgottesdienst für ihre Mutter, verbunden mit einem „Memorial Mother‘s Day Meeting“. Als Zeichen ihrer Liebe verteilte sie vor der Kirche 500 weiße Nelken an andere Mütter. Im darauffolgenden Jahr fand in derselben Kirche eine Andacht zu Ehren aller Mütter statt. Diese Idee des Muttertages fand so großen Anklang, dass sie sich nicht nur in den USA, sondern auf der ganzen Welt verbreitete.
Dieser politische Hintergrund ist kaum noch bekannt, heute ist der Tag vielmehr ein sehr gutes Geschäft für Blumenhändler. Dabei sollte der Tag viel mehr dazu genutzt werden, auf die immer noch prekäre Situation vieler Mütter hinzuweisen.