Bezahlbares Wohnen ist Daseinsvorsorge
Der Berliner Sozialgipfel - ein 2010 gegründetes Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden – darunter auch der VdK Berlin-Brandenburg – sowie dem Berliner Mieterverein - erklärt die Wohnungsfrage zur zentralen sozialen Herausforderung 2024. In ihrer aktuellen Erklärung mahnen die Verbände, darunter VdK, AWO und DGBkurz fürDeutscher Gewerkschaftsbund: Der Berliner Senat schöpft nicht alle Möglichkeiten aus, um bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Wohnen ist Daseinsvorsorge - kein Luxusgut!
Am 9. Dezember wird die Frage des bezahlbaren Wohnraums als Daseinsvorsorge gemeinsam mit dem Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Christian Gaebler, sowie der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderung, Christine Braunert-Rümenapf und zahlreichen interessierten Bürger:innen und Fachleuten diskutiert.
Mietbelastung und Wohnraummangel
Fast zwei Drittel der Berliner Miethaushalte (61,2 Prozent) haben ein Einkommen, das sie für geförderte Wohnungen berechtigt – dennoch fehlen ausreichend Angebote. Die Angebotsmieten sind nur noch für das obere Drittel leistbar. Die Ausweitung des bezahlbaren und sozialen Wohnungsangebots durch Neubau ist dringend geboten, die Auswirkungen auf das Wohnungsangebot werden jedoch begrenzt sein. Der größere Hebel ist, leistbare Mieten im Bestand zu sichern. Dafür muss Berlin die Mietpreisbremse verlängern – zunächst durch die Berliner Rechtsverordnung bis Ende 2025. Darüber hinaus fordern wir die durch den Senat angekündigte Bundesratsinitiative, um die Mietpreisbremse im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) für fünf weitere Jahre zu verlängern. Außerdem muss Berlin wieder seine landeseigenen Wohnungsunternehmen nutzen, um den Preisanstieg zu dämpfen und den gemeinwohlorientierten preiswerten Bestand auszuweiten. Vor allem aber muss das Land Berlin das Wohnungswesen auf Landesebene regeln und auch den privaten Wohnungssektor mit in die Versorgungsaufgabe mithilfe eines Wohnraumsicherungsgesetzes einbeziehen.
Bezahlbarkeit und Barrierefreiheit
Nicht nur der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, sondern auch die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen erfordern ein stärkeres Engagement der Politik für einen sozial gerechteren Wohnungsmarkt. Die Klimakrise verlangt die umfassende energetische Modernisierung des Berliner Wohnungsbestandes – ein Prozess, der sozial verträglich gestaltet werden muss, ohne die Mietpreisspirale in unserer Stadt noch weiter anzuheizen und die Kosten allein auf die Mietenden abzuwälzen. Zugleich wächst der Bedarf an barrierefreiem Wohnraum, der Senior*innen und Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Die Wohnungsunternehmen müssen hier stärker in die Pflicht genommen werden. Barrierefreiheit ist weit mehr als ein Anliegen für ältere Menschen oder Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen – sie ist ebenso eine wichtige Voraussetzung für Familien und Alleinerziehende mit Kindern.
Der Sozialgipfel erklärt:
Das Land muss seine Steuerungsmöglichkeiten besser nutzen und Bestand und Neubau an sozialen Kriterien ausrichten. Dazu gehören ein Wohnungskataster für die Erfassung der Barrierefreiheit, eine Quote für Sozialwohnungen in der Vermietung des privaten Wohnungsbestandes bei Wohnungsunternehmen ab einer bestimmten Größe, die Einbeziehung von Sozialverbänden, Mietervereinen und Gewerkschaften bei der Neugestaltung der Kooperation mit den Landeswohnungsunternehmen, die Umsetzung der Wohngemeinnützigkeit und der Barrierefreiheit, sowie die starke Förderung des sozialen Neubaus.
Die einzelnen Verbände erklären dazu:
Ulrike Hamann-Onnertz, Berliner Mieterverein:
„Die landeseigenen Wohnungsunternehmen müssen mindestens 75 Prozent ihrer Wohnungen an WBS-Berechtigte vermieten. Mieterhöhungen sollten auf zwei Prozent pro Jahr begrenz werden, und Modernisierungen müssen warmmietenneutral erfolgen.“
Katja Karger, DGB Berlin-Brandenburg:
„Wir brauchen die Fortsetzung der Mietpreisbremse, damit unsere mühsam erkämpften Lohnerhöhungen nicht umgehend von den Mieten aufgefressen werden. Zudem wäre enorm wichtig, dass der Senat den Bau von Werkswohnungen durch die Berliner Wirtschaft unterstützt. Nicht zuletzt muss die soziale Wohnraumförderung auf 8.000 - 10.000 Wohnungen jährlich ausgeweitet werden.“
Susanne Feldkötter, ver.di Berlin-Brandenburg:
„Der Senat muss den Volksentscheid zur Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen umsetzen, damit mehr Wohnungen gemeinnützig bewirtschaftet werden. Wohnraum ist Grundversorgung, keine Ware.“
Susanne Buss, Volkssolidarität Berlin:
„Die öffentliche Refinanzierung von Investitionskosten muss die realen Kosten sozialer Neubauten decken. Bürokratische Hürden verhindern oft den Bau dringend benötigter Wohnangebote.“
Ülker Radziwill, AWO Berlin:
„Die Wiederbelebung der Wohngemeinnützigkeit braucht Steuererleichterungen und gezielte Investitionszuschüsse, um bezahlbaren Wohnraum nachhaltig zu sichern.“
Henrike Weber, VdK Berlin-Brandenburg:
„Barrierefreiheit im Wohnungswesen ist als Bestandteil von Artikel 9 der UN-BRK ein Menschenrecht, deren Umsetzung ist damit staatliche Verpflichtung.“
Ursula Engelen-Kefer, SoVD:
„Barrierefreiheit gehört in die Planung und Genehmigung von Bauvorhaben. Dafür braucht es eine Ausbildungsoffensive für Architekt:innen und eine gesetzliche Pflicht zu ihrer Einbeziehung sowie ein Kataster für barrierefreien Wohnraum. Rückbaupflichten für barrierefreie Einbauten auf Kosten der Mieter sind abzuschaffen.“
David Driese, Humanistischer Verband Berlin-Brandenburg:
„Wohnraum darf kein Luxusgut sein. Wenn Wohnungen nur noch als „Bückware“ erhältlich sind, gewinnen sicher nicht jene, die den Wohnraum am nötigsten brauchen. Es braucht klare Maßnahmen zur gerechten Wohnraumverteilung, um soziale Ungleichheit zu verringern.“
Die Berliner Landesregierung muss beherzt vorgehen, um die großen sozialen Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt zu bearbeiten. Die Verlängerung der Mietpreisbremse und ein Wohnraumsicherungsgesetz sind erste Schritte, die unmittelbar und auf Landesebene umgesetzt werden können. Der Sozialgipfel wird die angekündigten Maßnahmen der Politik konsequent einfordern.
Veranstaltungsdetails:
Datum: 9. Dezember, 17:00 – 20:00 Uhr
Ort: Haus des ver.di-Bundesvorstandes, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin
Der Berliner Sozialgipfel ist ein starker Verbund aus zahlreichen Organisationen, der sich 2010 gegründet hat, um gemeinsam mehr zu erreichen: Eine soziale und gerechte Politik für Berlin. Berlin soll für alle da sein. Gerade für die Schwächeren wird es aber immer schwieriger. In diesem Jahr ist das zentrale Thema des Verbunds die Wohnungsfrage für Menschen im Alter, mit Handicap und mit Fluchterfahrungen. Bündnispartner sind: AWO Landesverband Berlin, der Berliner Mieterverein, der DGBkurz fürDeutscher Gewerkschaftsbund Bezirk Berlin-Brandenburg, der Humanistische Verband Deutschlands – Landesverband Berlin-Brandenburg, der Sozialverband Deutschland (SoVDkurz fürSozialverband Deutschland) Landesverband Berlin-Brandenburg, die Volkssolidarität Berlin und ver.di Landesbezirk Berlin-Brandenburg.
Pressekontakt:
Henrike Weber, Sozialpolitische Referentin, Telefon: 030 86491011
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