
„Man muss für sein Recht kämpfen“
Als Elke Maier (Nachname von der Redaktion geändert) im Sommer 2024 Post von ihrer Pflegekasse erhielt, war sie fassungslos: Ihr Pflegegrad 1 wurde komplett aberkannt, obwohl sie schwerbehindert und im Alltag auf Unterstützung angewiesen ist. Die 66-Jährige wehrte sich und fand beim VdK Berlin-Brandenburg kompetente Hilfe. Ihr Widerspruch war erfolgreich: Heute hat sie Pflegegrad 2 und damit Anspruch auf deutlich mehr Leistungen.

Elke Maier lebt seit einem Unfall im Jahr 2011 mit einer starken Sehbehinderung. Die Arbeit im Stahlwerk musste sie damals aufgeben, seither ist sie verrentet. Ab 2020 kamen chronische Schmerzen hinzu, die ihre Mobilität weiter einschränken. Ihr Schwerbehindertenausweis weist einen Grad der Behinderung von 90 aus sowie die Merkzeichen G, B und RF – sie ist also in ihrer Bewegungsfähigkeit erheblich eingeschränkt und auf Begleitung angewiesen.
Zu niedriger Pflegegrad
Um sich im Alter gegenseitig zu unterstützen, zog sie 2009 mit ihrem Mann und zwei Freundinnen in eine Wohngemeinschaft. Als ihr Mann 2022 schwer erkrankte, stellte sie für sich und ihren Mann einen Pflegeantrag. Bis dahin pflegte eine Mitbewohnerin ihren Mann und die andere sie. Das wurde aber eine zu große Belastung. Im Jahr 2023 wurde ihrem Mann Pflegegrad 3 und ihr Pflegegrad 1 zugesprochen. „Ein Mitarbeiter des Pflegedienstes sagte zu mir, ich solle Widerspruch einlegen, da mein Unterstützungsbedarf deutlich höher sei“, erzählt Maier. Doch es kam anders: Im Juni 2024 wurde ihr Pflegegrad sogar vollständig aberkannt.
Hilfe vom VdK
„Das habe ich nicht eingesehen. Ich bin fast blind, habe chronische Schmerzen und bin bei so vielem auf Hilfe angewiesen. Ich würde es gerne allein schaffen, aber es geht einfach nicht. Deshalb habe ich mir dann Hilfe beim VdK gesucht“, berichtet Maier. Dem Verband ist sie seit Jahren treu verbunden. Bereits 2011 hat sie mit dessen Unterstützung das Merkzeichen G („G“ steht für „gehbehindert“) erfolgreich erstritten.
„In der Beratung wurde schnell deutlich, dass Frau Maier weiterhin Anspruch auf einen Pflegegrad hat“, berichtet Stefanie Jegelski, Sozialrechtsreferentin und Leiterin der VdK-Kreisgeschäftsstelle Barnim beim VdK Berlin-Brandenburg, die ihren Fall betreut. Gemeinsam legten sie Widerspruch ein, inklusive einer ausführlichen Begründung, in der die gesundheitlichen Einschränkungen und der konkrete Hilfebedarf im Alltag detailliert dargelegt wurden. Die Zeit war für Maier besonders schwer, denn der Gesundheitszustand ihres Mannes verschlechterte sich dramatisch – im Dezember 2024 verstarb er. „Ich war beeindruckt, wie kämpferisch Frau Maier ist. Sie ließ sich auch durch diesen Schicksalsschlag nicht unterkriegen“, sagt Jegelski.
Spürbare Entlastung
Der Einsatz zahlte sich aus: Die Pflegekasse erkannte den Widerspruch an und bewilligte Pflegegrad 2 – rückwirkend ab September 2023. Für Maier bedeutet das nicht nur mehr Anerkennung ihres Bedarfs, sondern auch konkrete finanzielle und praktische Unterstützung: Sie erhält nun monatlich 355 Euro Pflegegeld und einen Entlastungsbetrag, den sie zum Beispiel für Haushaltshilfen oder Unterstützung bei Arztbesuchen einsetzen kann. Außerdem hat sie Anspruch auf Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, etwa für einen barrierearmen Badumbau. „Ich war sehr erleichtert. So kann ich meine Mitbewohnerinnen endlich entlasten“, sagt Maier.
Die Rolle des VdK Berlin-Brandenburg und der zuständigen Sozialrechtsreferentin Stefanie Jegelski war für sie entscheidend: „Allein hätte ich das nicht geschafft. Ich musste für jede Leistung kämpfen, obwohl ich mein Leben lang gearbeitet habe. Ich kann jedem nur raten, sich Hilfe beim VdK zu holen. Durch die Krankheiten ist man genug belastet, da ist es eine enorme Entlastung, wenn einem jemand fachlich zur Seite steht“, sagt sie.
Kein Einzelfall
Auch Sozialrechtsreferentin Jegelski weiß: „Leider kommt es häufig vor, dass Pflegegrade falsch eingeschätzt oder aberkannt werden. Wir raten allen Betroffenen, sich beraten zu lassen und genau zu prüfen, ob der Bescheid gerechtfertigt ist.“
Ein hilfreiches Instrument dabei ist der Pflegegradrechner auf der VdK-Website. „Dort können Interessierte ihren voraussichtlichen Pflegegrad selbst ermitteln und erhalten eine gute Orientierung“, erklärt Jegelski. „Wir nutzen den Rechner in der Beratung und empfehlen, ihn auch zu Hause noch einmal zu nutzen.“ Den Pflegegradrechner finden Sie unter diesem Link: Externer Link:www.vdk.de/themen/pflege/pflegegradrechner
Für sein Recht kämpfen
Neben der Pflegegrad-Anerkennung kämpft Maier zudem um das Landesteilhabegesetzgeld, früher auch Blindengeld genannt. Auch hier wurde ihr Antrag abgelehnt, mit der Begründung, sie erfülle die Voraussetzungen nicht. Maier lässt sich davon nicht entmutigen. Sie will nun das Merkzeichen BL (BL steht für „Blindheit“) beim Versorgungsamt beantragen, denn das ist eine Voraussetzung für das Landesteilhabegeld. Dafür braucht sie neue Gutachten von Fachärzt*innen. „Wenn das klappt, versuche ich es noch einmal. Und wenn es wieder abgelehnt wird, gehe ich mit dem VdK in die nächste Runde“, sagt sie entschlossen.
Der Fall von Elke Maier zeigt: Der Kampf um Pflege- oder Teilhabeleistungen ist oft langwierig, aber er kann erfolgreich sein. Besonders dann, wenn Betroffene kompetente Unterstützung an ihrer Seite wissen. „Mit dem VdK hat man einen starken Partner. Die lassen einen nicht im Stich“, sagt Maier. Sie ist überzeugt: „Man muss für sein Recht kämpfen, auch wenn es schwer ist – gerade wenn man gesundheitlich beeinträchtigt ist.“
