Die fehlende Anerkennung von ADHS im Erwachsenenalter führe auch dazu, dass es schwer sei überhaupt eine*n Ärzt*in oder Psycholog*in zu finden, der*die ADHS diagnostiziert. „Die Wartezeiten auf Termine sind extrem lang, bis zu einem Jahr. Oft sind die Wartelisten geschlossen“, so Endriss. Ohne Diagnose aber fehlt die Grundlage, um Hilfen zu beantragen, wie Eingliederungshilfe, therapeutische Unterstützung oder Rehabilitationsleistungen. Deshalb werde oft eine Depression diagnostiziert, die als Folge der ADHS-Problematik zusätzlich besteht. Für eine Depression sei der Zugang zu Therapien meist einfacher.
„Viele Betroffene wissen gar nicht, dass ihnen Sozialleistungen zustehen“, sagt die Beraterin. In ihren Gesprächen klärt sie über Möglichkeiten auf: Beispielsweise über den Antrag auf einen Grad der Behinderung (GdBkurz fürGrad der Behinderung), der oft schon ab einer ADHS-Diagnose bewilligt wird – meist mit einem Wert von 30. Mit dem GdBkurz fürGrad der Behinderung ergeben sich Ansprüche, zum Beispiel auf spezialisierte Beratung durch die Arbeitsagentur oder auf Unterstützung im Beruf. „Der Begriff Behinderung beim GdBkurz fürGrad der Behinderung schrecke viele ab. Aber so ein Antrag kann enorm helfen“, sagt Endriss. Es gehe nicht darum, in eine Schublade gesteckt zu werden, sondern darum, seine Rechte wahrzunehmen und Unterstützung zu erhalten.“
Ein weiterer wichtiger Antrag, den sie mit ihren Klient*innen stellt, ist der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) bei der Deutschen Rentenversicherung oder der Arbeitsagentur. Damit können zum Beispiel Berufswechsel angestrebt oder Coachings, Umschulungen oder berufliche Rehabilitationsmaßnahmen gefördert werden. Wer eine Gleichstellung beantragt, hat zusätzliche Rechte wie ein schwerbehinderter Mensch, zum Beispiel Kündigungsschutz, was eine wichtige Absicherung ist. Im Einzelfall kann auch eine Eingliederungshilfe im Alltag, zum Beispiel durch eine Assistenz, in Frage kommen, etwa wenn alltägliche Aufgaben überfordern.