Kategorie Inklusion Wohnen Barrierefreiheit

Bezahlbares Wohnen ist Daseinsvorsorge

Von: Lea Hanke

Anfang Dezember 2024 lud der Berliner Sozialgipfel, ein Bündnis aus Gewerkschaften, Sozial- und Wohlfahrtsverbänden – darunter auch der VdK Berlin-Brandenburg – sowie der Berliner Mieterverein – ein, um gemeinsam über Lösungen für barrierefreies, bezahlbares Wohnen zu diskutieren.

Auf dem Bild sind die Podiumsteilnehmer*innen: Tina Groll Katja Karger (DGB Berlin-Brandenburg), Ursula Engelen-Kefer (SoVD Berlin-Brandenburg), Christian Gaebler (Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen), Susanne Feldkötter (ver.di Berlin-Brandenburg), Ülker Radziwill (AWO Berlin) und Ulrike Hamann-Onnertz (Berliner Mieterverein) (v.l.n.r.).
Auf dem Podium diskutierten unter der Moderation von Tina Groll Katja Karger (DGB Berlin-Brandenburg), Ursula Engelen-Kefer (SoVD Berlin-Brandenburg), Christian Gaebler (Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen), Susanne Feldkötter (ver.di Berlin-Brandenburg), Ülker Radziwill (AWO Berlin) und Ulrike Hamann-Onnertz (Berliner Mieterverein) (v.l.n.r.). © Ch. Muhrbeck

Unter dem Motto „Wohnen in Berlin: Bezahlbar und gut für alle?!“ fand der Berliner Sozialgipfel mit großer Beteiligung und medialer Resonanz im Haus des ver.di-Bundesvorstandes statt. Im ersten Teil der Veranstaltung mahnten die Vertreterinnen der Sozialverbände an, dass der Berliner Senat derzeit nicht alle Möglichkeiten ausschöpfe, um seiner Verantwortung für bezahlbares Wohnen gerecht zu werden. Wohnen gehöre zur Daseinsvorsorge und sei kein Luxusgut. 

Das Land muss seine Steuerungsmöglichkeiten besser nutzen und Bestand und Neubau an sozialen Kriterien ausrichten. Dazu gehören ein Wohnungskataster zur Erfassung der Barrierefreiheit, eine Quote für Sozialwohnungen bei der Vermietung des privaten Wohnungsbestandes, bei Wohnungsunternehmen ab einer bestimmten Größe, die Einbeziehung von Sozialverbänden, Mietervereinen und Gewerkschaften bei der Neugestaltung der Kooperation mit den landeseigenen Wohnungsunternehmen, die Umsetzung der Wohngemeinnützigkeit und der Barrierefreiheit sowie eine starke Förderung des sozialen Neubaus, so das Credo der Sozialgipfelbündnispartner.

Zu wenig Maßnahmen

Die Sozialverbände diskutierten mit dem Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Christian Gaebler (SPDkurz fürSozialdemokratische Partei Deutschlands), wie neuer und bestehender Wohnraum bezahlbar und bedarfsgerecht gestaltet werden kann. Gaebler stellte Maßnahmen wie das „Schneller-Bauen-Gesetz“ vor und berichtete über die Rekordsumme von 1,5 Milliarden Euro, die für den sozialen Wohnungsbau bewilligt wurde. Damit komme man dem Ziel, jährlich 5.000 Sozialwohnungen zu schaffen, näher, so der Senator. Die Vertreterinnen der Sozialverbände kritisierten jedoch, dass diese Maßnahmen nicht ausreichten, um der Mietkrise entgegenzuwirken.

Henrike Weber auf dem Podium mit einem Mikro in der Hand. Die Moderatorin im Anschnitt und Ursula Engelen-Kefer rechts neben Henrike Weber.
Henrike Weber, sozialpolitische Referentin vom VdK Berlin-Brandenburg: „Barrierefreies Wohnen betrifft jede und jeden.“ © Ch. Muhrbeck

Ulrike Hamann-Onnertz vom Berliner Mieterverein wies darauf hin, dass zwei Drittel der Berliner*innen theoretisch Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, diese aber nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung stünden und immer weniger würden. Hamann-Onnertz forderte, dass die landeseigenen Wohnungsunternehmen mindestens 75 Prozent ihrer Wohnungen an WBS-Berechtigte vermieten sollten. Gaebler antwortete, dass die derzeitigen 63 Prozent schon relativ viel seien. Man wolle gemischte Bevölkerungsgruppen. Weitere Forderungen von Hamann-Onnertz – wie eine Sozialwohnungsquote für private Vermieter oder ein „Vermieterführerschein“ fanden beim Senator keine Zustimmung. 

Unzureichende Fortschritte

Ursula Engelen-Kefer, Landesvorsitzende des SoVDkurz fürSozialverband Deutschland Berlin-Brandenburg, kritisierte auf dem Podium, dass trotz gesetzlicher Vorgaben, wie sie etwa die UN-Behindertenrechtskonvention verlangt, die Fortschritte im Bereich barrierefreies Wohnen oft hinter den Erwartungen zurückbleiben: „Der private Immobiliensektor bleibt von den gesetzlichen Vorgaben nahezu unberührt. Auch der Rückbau barrierefreier Umbauten auf Kosten der Mieter ist eine Praxis, die dringend abgeschafft werden muss.“

Auf die unbequeme Frage von Susanne Feldkötter, stellvertretende Landesbezirksleiterin von ver.di Berlin-Brandenburg, wann denn der erfolgreiche Volksentscheid der Initiative „Deutsche Wohnen und Co. enteignen“ endlich umgesetzt werde, antwortete der Senator: „Grundsätzlich ist es schon losgegangen, es geht aber schleppend voran“, woraufhin Gelächter im Saal ausbrach. Schneller wäre es seiner Meinung nach gegangen, wenn die Initiative gleich einen ausgearbeiteten Gesetzentwurf geliefert hätte. Laut Gaebler wolle sich das Land Berlin immerhin einer Bundesratsinitiative des Landes Hamburg zur Verlängerung der Mietpreisbremse anschließen. Die Enttäuschung über die fehlenden anderen Antworten war jedoch im Saal spürbar.

Barrierefreiheit für alle

Das Thema barrierefreies Wohnen wurde im zweiten Teil des Gipfels vertieft, bei dem Christine Braunert-Rümenapf, die Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen gemeinsam mit Henrike Weber, der sozialpolitischen Referentin des VdK Berlin-Brandenburg und Ursula Engelen-Kefer auf dem Podium saßen. 

Braunert-Rümenapf, vertritt bereits seit 2017 die Interessen der Menschen mit Behinderungen in Berlin und setzt sich besonders für die Barrierefreiheit beim Bauen und Wohnen ein. Dabei weist sie immer wieder auf verschiedene Studien hin, die deutlich machen, dass die Berücksichtigung der Barrierefreiheit beim Bauen von Anfang an kaum Mehrkosten verursacht. Auf dem Podium betonte sie: „Es ist so schon schwer in Berlin eine Wohnung zu finden, für Menschen mit Behinderung ist dies noch schwerer. Seit Jahren setze ich mich für die Einführung eines Katasters ein.“

Inklusion ist Menschenrecht

Weber führte auf dem Podium weiter aus: „Barrierefreiheit ist kein Nischenthema – sie betrifft jede und jeden. Nicht nur Menschen mit Behinderungen und Senior*innen profitieren von barrierefreien Wohnungen, sondern zum Beispiel auch Familien und Alleinerziehende mit Kindern. Barrierefreiheit begleitet uns ein Leben lang und ist ein Grundpfeiler einer inklusiven Gesellschaft. In Berlin leben allein 126.000 Menschen mit einem Grad der Behinderung von 80, 90 und 100 Prozent. Barrierefreiheit im Wohnungswesen ist als Bestandteil der UN-Behindertenrechtskonvention ein Menschenrecht, deren Umsetzung ist damit staatliche Verpflichtung.“ 

Im Schlusswort resümierte Engelen-Kefer: „Wir alle sind gefordert auf die Politik zuzugehen und Druck zu machen.“ Der VdK Berlin-Brandenburg wird weiter Druck auf die Politik ausüben, damit Barrierefreiheit und bezahlbares Wohnen nicht nur ein Versprechen bleiben, sondern Realität werden. Denn Barrierefreiheit ist kein Luxus, sondern ein Menschenrecht.

Ein starkes Bündnis

Der Berliner Sozialgipfel ist ein starkes Bündnis aus zahlreichen Organisationen, das sich 2010 gegründet hat, um gemeinsam mehr zu erreichen: Eine soziale und gerechte Politik für Berlin. Bündnispartner sind neben dem VdK Berlin-Brandenburg: AWO Landesverband Berlin, der Berliner Mieterverein, der DGBkurz fürDeutscher Gewerkschaftsbund (Deutscher Gewerkschaftsbund) Bezirk Berlin-Brandenburg, der Humanistische Verband Deutschlands – Landesverband Berlin-Brandenburg, der SoVDkurz fürSozialverband Deutschland Landesverband Berlin-Brandenburg, die Volkssolidarität Berlin und ver.di Landesbezirk Berlin-Brandenburg.

Externer Link:Zur Website des Berliner Sozialgipfels